Viel ist bereits geschrieben worden über die Donauschwaben, von Donauschwaben, für Donauschwaben, in Österreich, Deutschland, Übersee. Wer hingegen kennt Schriften, die das Thema “Donauschwaben” umkreisen, die in Serbien herausgegeben, von serbischen Künstlern und Gelehrten verfasst wurden, an die serbische Öffentlichkeit gerichtet sind?
Mit dem Aufschlagen dieses Buches tun sich dem Leser ungeahnte Dimensionen auf von schonungsloser Gesellschaftskritik und Geschichtsaufarbeitung, von politischen und wissenschaftlichen Analysen, von philosophischen Diskursen, künstlerischen Reflexionen, Schilderungen von persönlichen Erinnerungen und Erlebnissen der Autoren. Sie kommen aus den Bereichen Literatur, Theater, Film, Journalismus, Bildende Kunst, Soziologie, Anthropologie, Philosophie, Kulturpolitik, Geschichts- und Rechtswissenschaften. Alle sind sie Nachkriegsgeborene und Kriegskinder gleichermaßen, sind Nachkommen einer Erlebnisgeneration des Zweiten Weltkriegs und selbst Erlebnisträger, wissen, was Krieg heißt, was er mit den Menschen anrichtet, wozu er sie fähig macht - und auch wieder nicht: Fassungslos und erschüttert realisiert und verarbeitet diese Autorengemeinschaft, was sie in jüngster Vergangenheit erst durch den von dem serbischen Regisseur Marko Cvejić produzierten Film “Die Donauschwaben” (2011) über die Geschichte der “ethnisch Deutschen”, wie die Donauschwaben in diesem Buch auch genannt werden, erfahren hat.
Dies nimmt einen als Leser gefangen, lässt einen die Seiten umblättern, den nächsten Beitrag lesen und den folgenden, schließlich alle, mit wachsendem Erstaunen und Respekt angesichts der Ernsthaftigkeit und Fachkompetenz, mit welcher jeder einzelne Beitrag gestaltet ist, und beeindruckt von der menschlichen Betroffenheit der Verfasser, die aus deren Engagement und der Art und Weise spricht, wie sie die unterschiedlichen Themenbereiche über die rationale Ebene ihrer professionellen Sichtweisen hinaus auch mit offen bekennendem persönlichem Interesse und durchaus auch auf emotionaler Ebene abhandeln. Beachtlich im Sinne von Achtung verdienend ist die Courage, mit welcher diese intellektuellen Vorreiter Serbiens ihre harsche Kritik an der Politik und Gesellschaft Serbiens, am Umgang mit der eigenen Geschichte unerschrocken offen artikulieren. Selbst in unseren Tagen entspricht dies nicht der Normalität in diesem Land, und die Szenerie, dass gelegentlich Vertreter des Staatssicherheitsdienstes, heute “Sicherheitsinformationsbehörde” genannt, den Filmabenden in der Vojvodina beiwohnten, mutet an wie ein skurriler “Film im Film”.
Diese für ein Sachbuch ungewöhnliche Spontaneität, die mutige, subjektiv wertende Darstellung bestimmter Sachverhalte, die forsch beanspruchte und selbstbewusst darin praktizierte Redefreiheit liegt sicherlich in seiner Entstehungsgeschichte begründet: Ursprünglich gar nicht als Buch geplant, ist es eine Sammlung von Beiträgen aus den Podiumsdiskussionen, welche im Frühjahr 2012 während der Vorführungstour des Films “Die Donauschwaben” durch zahlreiche Dörfer und Städte in der Vojvodina sowie in Deutschland und Österreich gesammelt wurden, ergänzt durch Abhandlungen namhafter serbischer Gelehrter, die sich aus Anlass dieser Filmproduktion mit dem Thema auseinandersetzten.
Die Themen dieses Buches sind:
Nicht zufällig wurde dieses Buch am 10. Dezember 2012, dem Tag der Menschenrechte, in Belgrad vorgestellt. Das Hauptanliegen, der Antrieb, die Motivation, diesen Film und dieses Buch über die Donauschwaben zu produzieren, damit durch die Vojvodina zu touren, die Menschen aufzuklären und damit die im Banat, der Batschka und in Syrmien verbliebenen Donauschwaben aus dem Status der Unkenntnis über sie und des Totschweigens ihres Schicksals zu befreien, dabei den Dialog und die Diskussion sowohl mit den Menschen vor Ort (Wissende und Nicht-Wissende) als auch mit Wissenschaftlern und Künstlern zu suchen, - der Grund für diesen Film ist das Eintreten des Filmemachers Marko Cvejić und seiner Wegbegleiter für die “Enttabuisierung der Frage einer vermeintlichen, noch immer schwelenden Kollektivschuld”, für das Aufdecken von Verbrechen, für die historische Wahrheit, für ein “Verständnis für die brutale Einfachheit hinter der Manipulation der Geschichte” und für eine “Akzeptanz einer Kultur der Vielfalt” (Zitate: Cvejić), für das Anhalten des Pendels zwischen Schuld und Sühne, für die Würde der Menschen und ihre Rechte – aller am Krieg unschuldig und unfreiwillig Beteiligten.
Susanne Paulus, Wien
O Podunavskim Švabama Über die Donauschwaben About the Danube Swabians.
(Serbisch/Deutsch/Englisch). Hrsg. von Mandragora Film, Belgrad 2012, 277 S. + DVD.
(Das Projekt wurde gefördert u. a. von der Deutschen Botschaft in Belgrad, der Donauschwäbischen Kulturstiftung München, dem Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm sowie der Oberösterreichischen Landesregierung.)
Das Buch inklusive DVD kann bei Susanne Paulus für 25 Euro zzgl. Versandkosten bestellt werden.
E-Post: susanne.paulus@gmail.com
Mobil-Tel.: +43-650-5782016
Die Zustellung erfolgt dann aus Slowenien.