Rezension: Sterbling, Anton: Das Banat, die Deutschen aus Rumänien und die rumäniendeutsche Literatur“

Bibliographische Daten

Sterbling, Anton: Das Banat, die Deutschen aus Rumänien und die rumäniendeutsche Literatur. München: Landsmannschaft der Banater Schwaben (2022) 345 S. [Schriftenreihe Banater Bibliothek, 22]. In: Europäisches Journal für Minderheitenfragen Band 16 (1-2 | 2023), S.152 - 158

Der Autor

Anton Sterbling ist ein knappes Jahrzehnt nach Ende des Zweiten Weltkriegs im rumänischen Teil des historischen Gebietes Banat geboren, studierte nach seiner Aussiedlung 1975 in der Bundesrepublik Deutschland, promovierte und habilitierte sich hier an deutschen Hochschulen. Bis 2019 war er Professor für Soziologie und Pädagogik an der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) in Rothenburg/OL und vereinigte in seiner Person verschiedene Funktionen in Präsidien und Stiftungen. Der Begleitbrief der Heraus- geber des oben genannten Paperbacks, die Landsmannschaft der Banater Schwaben, gibt als Lebenswerk dieses Hochschullehrers insgesamt 800 wissenschaftliche und literarische Veröffentlichungen an, darunter 50 eigene Bücher.

Grundlagen und Gliederung des Buches

Entsprechend der Titelankündigung gliedert sich das Buch nach einer kurzen „Einführung“ in drei Großkapitel, jedes mit jeweils vier Beiträgen – formal erstaunlich ebenmäßig ausbalanciert, wiewohl inhaltlich einigermaßen kompilatorisch. Den Beiträgen sind manchmal Kurzzeilen sozusagen als Motto vorangestellt, einschlägige Literaturlisten schließen diese ab, dazwischen gibt es Unterabschnitte mit zahlreichen Fußnoten auf fast jeder Seite.
Die ausführlichen Literaturlisten sowie die Fußnoten weisen eine Fülle eigener publizistischer Produktionen des Autors auf, die einen gewichtigen Stellenwert einnehmen: nicht verwunderlich, da der Band als eine Summa der eigenen Forschungs- und Publikationstätigkeit konzipiert ist, sozusagen die Ernte des geistigen Schaffens von Sterbling einbringt. Nach den Worten des dem Band beiliegenden Begleittextes liefert diese Publikation „eine Quersumme der jahrzehntelangen wissenschaftlichen und intellektuellen Arbeit des Autors“ zu den im Titel angesprochenen drei thematischen Schwerpunkten.
Die vom Autor zugestandene inhaltliche Kompilation1 mag auf den ersten Blick zuweilen überraschend in der manchmal etwas willkürlich empfundenen Aufeinanderfolge von Titeln von Unterthemen und ihre gleichwertige Subsumierung in ein Hauptkapitel oder auch in den engen Berührungen inhaltlicher Elemente in diversen Abschnitten erscheinen.2
Wer sich jedoch auf die anregende Lektüre tiefer einlässt, sieht die zusammenhängenden Bezugsfäden, die ihre Grundlage in den verwendeten publizierten Vorarbeiten des Autors haben und diesen geschuldet sind.

Einführung, Großkapitel I

In der „Einführung in den Band“ (7–16) reflektiert Sterbling über Werk und Lebenszeit und gesteht, dass seine Arbeiten und sein Lebenslauf sich ineinander verschränkt entwickelten. Die hier versammelten Texte wollen „Auskunft über einen wichtigen Schwerpunkt meiner langfristigen wie auch aktuellen wissenschaftlichen und intellektuellen Beschäftigungen geben“, andererseits auch „Ergänzungen, Korrekturen und neue Aktzentsetzungen zu früheren Arbeiten“ liefern (13).3 Er spricht die Hoffnung aus, dass die im Buch thematisierten Probleme und Fragestellungen durch diesen neuen Band nicht ganz „in Vergessenheit geraten“ mögen, zumal „nur noch wenige Deutsche in Rumänien und im Banat“ leben, „ihre Kultur und Literatur […] weitgehend auf […] Restbestände geschrumpft“ seien (14).
Das erste Großkapitel, überschrieben mit „Das Banat und die Deutschen aus Rumänien“, setzt mit reichlich viel Wissenschaftsdiskurs ein. Das „Banat im Erinnerungsspiegel als Kulturraum und Mythos“ wird erläutert, wobei von „Relevanzstrukturen“, „Spiegelungsinteresse“ und anderen Abstrakta die Rede ist. Sehr informativ mit Zeit- und Statistikangaben kreist Sterblings Text danach um das Schicksal des ehemaligen Gesamtbanat und seine Aufteilung in drei Nationalstaaten. Hier untersucht der Verfasser etwa den „Mythos“ vom Banat als „Wohlstandsgebiet“ (47), wobei er sich nicht festzustellen scheut, dass „natürlich auch der Fleiß, die Strebsamkeit und die wirtschaftliche Tüchtigkeit der Bevölkerung, nicht zuletzt der Deutschen aus dem Banat, eine wichtige Rolle“ zuzuerkennen ist. Die sozial- und ethno-integrative Rolle des Brauchtums der Banater wird thematisiert, dem Fest der „Kirchweih“ eine besondere Bedeutung zuerkannt.
Seit dem Ende des Ersten Weltkriegs dreigeteilt, stelle das Banat einen Musterfall „regionaler kultureller Vielschichtigkeit und Vielgestaltigkeit in einem Grenzraum“ dar. Deutlich geht Sterbling auf die „Vielsprachigkeit“ des Raumes ein, konzediert der Bevölkerung „eine bemerkenswerte Toleranz, Offenheit und Weltoffenheit“ (27).
Wenn allerdings hier von der „(teilweisen) Vertreibung der Deutschen […] aus Jugoslawien“ nach dem Zweiten Weltkrieg die Rede ist und deren Schicksal mit dem der „Deutschen aus Ungarn“ gleichgesetzt wird (28), muss der Rezensent, ein vertriebener Leidensgenosse aus dem ehemaligen westlichen Banat, das nach 1944 dem Tito-Jugoslawien untertan wurde, ein entschiedenes Veto einlegen. Die vielfach als „Völkermord“ bezeichneten Erschießungen und die Hungertoten der kollektiven Internierungslager der westbanater Deutschen in der frühen Tito-Zeit können nicht in dieser Weise mit dem Schicksal der Ungarndeutschen gleichgesetzt werden.4 Die Version des Verfassers hängt mit der besonderen Perspektive der viele Jahrzehnte später aus Rumänien weggesiedelten Banater Schwaben zusammen, die ihre eigene Geschichte als die allgemeine der „Banater Schwaben“ bis heute subsumieren, weil das Schicksal ihrer schwer geschädigten Landsleute aus dem serbischen Banat (Westbanat) bereits ein halbes Jahrhundert zurücklag und in Vergessenheit geriet bzw. übersehen werden konnte.5
Als weitere Erörterung im ersten Großkapitel erscheint die Geschichte der „Aktionsgruppe Banat“ auf den ersten Blick zunächst befremdlich, doch – kompatibel mit der Überschrift, – behandelt Sterbling hier deren Entstehung, die der Autor selbst erlebt hat und mit deren historischer Überlieferung in manchen Einzelheiten er nicht übereinstimmt. „Vor allem falsche Darstellungen und personelle Zurechnungen […] haben mich vielfach verärgert“ (51). Der Autor bringt hier seine eigene Perspektive in Erinnerung. Danach folgt die Erörterung des Zusammenhangs der „rumänischen Revolution“ mit dem (rumänischen) Banat, schließlich dessen Stellenwert als Grenzland für die „Idee eines Europas der Regionen“ (51–58).
Im nächsten Unterkapitel erfährt der Leser Ausführliches zu den Abgrenzungen zwischen den Begriffen „Banater Schwaben“, „Donauschwaben“ und „Rumäniendeutsche“. Sie werden als Fremdeinschätzung und im Selbstverständnis problematisiert und auf die gewandelten „Identitätsbezüge“ untersucht. Es folgen handfeste Daten und Fakten etwa zur Herkunft und Ansiedlung der „Banater Schwaben“ oder zur Dreiteilung des (Gesamt-) Gebietes nach 1918 (85–94). Der Zeitgeschichte folgend thematisiert der Verfasser die historischen Ereignismerkmale „Deportation“, „Kollektivschuld“ und „lebensweltlichen und religiösen Widerstand in der Zeit des Kommunismus“ (105–151). Hier beschäftigt sich Sterbling mit der ungerechten kollektiven Zuweisung von „Schuld“ – „Verbrecher ist immer nur der Einzelne“ (112) –, erörtert das Phänomen der „Deportation“, stellt sie in weltweite Zusammenhänge, spricht vom Widerstreit der kommunistischen Ideologie zu den traditionellen religiösen Feiern, wie Kommunion und Firmung,6 auch von der z. T. widerwilligen Eingliederung in den kommunistischen Pionier- und Jugendverband.
Das Großkapitel II. Chronologisch fortschreitend beschäftigt sich – nach der Zeit des Kommunismus – das Hauptkapitel II „Heimat und Wanderung“ (153–255) mit der seit dem Ende der „finsteren Jahre des Stalinismus“ in der „Tauwetterperiode“ eingetretenen verschiedenen Wellen der Aussiedlung der Deutschen aus Rumänien. Zunächst geht es um die außen- und innenpolitischen Rahmenbedingungen einer Ausreisemöglichkeit. Seit der Anknüpfung diplomatischer Beziehungen Rumäniens zur Bundesrepublik Deutschland 1967 gab es eine geregelte Praxis der Aussiedlung, bei der die BRD pro Kopf Pauschbeträge an Rumänien zahlte, was hier im Detail ausgebreitet wird. Ob eine deutsche Familie um eine Ausreise ansuchen wollte oder nicht, habe jeden Einzelnen vor eine schwierige Entscheidung gestellt, ging es doch dabei auch um den Verlust der vertrauten Heimat mit Freunden und Verwandten und um das mühselig erworbene Hab und Gut, außerdem um das schlechte Gewissen, die Zurückgebliebenen allein zu lassen. Viele Ausreisewillige mussten zur Beschleunigung ihres Antrags zudem privat „Schmier-“ oder sogenannte „Beschleunigungsgelder“ opfern. Hier holt Sterbling weiträumig aus, definiert den Begriff „Dilemma“, dem die Ausreisewilligen ausgesetzt waren, nimmt dabei theoretische Anleihen bei Immanuel Kant, Max Weber u.a., und führt die vielen konkreten Dilemmata an, denen eine ausreisewillige deutsche Familie in Rumänien ausgesetzt war: einem „moralischen Entscheidungs-“, einem „Solidaritäts-“, „Zeit-“, „Illegalitäts-“, „Enttäuschungs-“ und einem „politischen Dilemma“ (159–174). Hier spricht der Autor aus eigener Erfahrung, und dem Leser wird nachvollziehbar, durch welches Fegefeuer auch die weitgehend von kollektiven Internierungsqualen verschonten Deutschen aus Rumänien gehen mussten.7 Der „subjektive Blickwinkel“, unter dem diese Passagen vorgetragen werden, ermöglicht gute Anschaulichkeit. Sterbling bekennt hier autobiografisch, was Zehntausende aus jener Generation ihr Leben lang in sich mitzutragen haben oder hatten: dass sie nirgendwo anders mehr „richtig verwurzelt“ und „heimisch“ werden konnten (211).
Wohltuend persönlich und konkret breitet der Autor danach auch seine frühe Belesenheit und private Bildungsentfaltung aus (218–222). Er spricht von seiner Herkunft, seiner frühen Begegnung mit den Personen der „Aktionsgruppe Banat“, von einem Fluchtversuch 1970 mit nachfolgender Gefängnisstrafe, von seiner eigenen Ausreise 1975. Mit dem Abschnitt „Strukturfragen und -prinzipien südosteuropäischer Gesellschaften“ – in einem zeitlichen Rückgriff auf seine Erfahrungen im Banater Bergland – setzt abermals wissenschaftliche Reflexion ein – Gedanken, die wohl in Sterblings Habilitationsschrift erarbeitet worden waren.

Das Großkapitel III

In früheren Passagen angerissen, folgt im III. Teil des Buches eine ausführliche Darstellung der „Rahmenbedingungen, Schreibweisen und Wirkungen der rumäniendeutschen Literatur“ (257–342). Die Ermöglichung des geistigen „Aufbruchs in die Moderne“ der rumäniendeutschen Literatur im einmaligen Zeitfenster eines „kulturpolitischen Tauwetters“ wird ausführlich abgehandelt wie auch das Abwürgen dieses Aufbruchs durch die „finsteren Jahre der nationalkommunistischen Spätdiktatur“ in Rumänien. Sterbling benennt die gruselige Einwirkung und Bedrohung durch den rumänischen Geheimdienst Securitate auf die Arbeit rumäniendeutscher Autoren, aber auch die Gespaltenheit in den eigenen Reihen, wo in Einzelfällen Personen sich der Geheimorganisation andienten – eine Diskussion, die bis in die Zeit nach der Aussiedlung in die BRD getragen wurde.
Wohltuend lesefreundlich und nachvollziehbar sind die letzten Abschnitte, beginnend mit „Erinnerungsfragmente“ von Begegnungen mit Schriften von Dieter Schlesak. Ausführlich trägt der Autor Schlesaks Gesellschaftsanalyse aus dem Bändchen „Visa. Ost West Lektionen“ aus dem Jahre 1970 vor, wo die westlichen und östlichen Denkmuster untersucht werden. Da lautet eine „deprimierende Zustandsbeschreibung“ des rumänischen Sozialismus etwa: „Matt, unbedeutend, langweilig ist dieses Denken. Formulierungen werden packpapieren, undifferenziert, dilettantisch“. „Viele wurden von der Irrationalität des Systems und seinen mystischen Eigenschaften gepackt, von seinen unkontrollierbaren messianischen Kniffen, mit denen alles gerechtfertigt werden konnte.“ „Totalitäre Herrschaft […] maßt sich an, die gesamte Existenz, […] einschließlich der Transzendenz, beurteilen zu können.“ In ähnlicher Weise erfährt im Anschluss daran auch der Westen seine Entzauberung: Da herrsche „Warenfetischismus“ und die „Vermarktung“ aller Dinge, eine „Banalität und Oberflächlichkeit“, die wie „ein Alptraum“, ein selbstgemachter, wirke (287–290). Im nächsten Unterkapitel kreisen die Gedanken Sterblings um sprachphilosophische und sprachwissenschaftliche Untersuchungen, wobei Erkenntnisse von Wilhelm von Humboldt, Ferdinand de Saussure, Karl Jaspers und Jürgen Habermas zitiert und eingeordnet werden. „Auf die Sprache kommt es an. …“ heißt die Überschrift zu diesen Passagen, und, wie an anderer Stelle, zwingt der Drang nach grundsätzlicher wissenschaftlicher Klärung den Autor Sterbling, das „Mysterium Sprache“ zu erhellen. So werden die Abhängigkeiten und Abgrenzungen, etwa der Begriffe „Sprache“, „Bewusstsein“, „Zeichen“, „Worte“ untersucht. Die Analysen sind zielgerichtet auf die spätere Untersuchung bezogen, was Dichtung denn überhaupt zu leisten vermag: Sie „schafft sich eine eigene und zugleich eigengesetzlich bestimmte Sphäre der Sprachverwendung“ (306). Diese sei dadurch gekennzeichnet, dass die Moderne zu literarischer Verfremdung durch „Ironie“ und durch „Ausdrucksformen des Absurden, des Surrealen oder des magischen Realismus“ greift (309). Der folgende Abschnitt mit Gedichtinterpretationen der Preisträgerin des „Rolf Bossert Gedächtnispreises 2021“ möchte u. a. das eben Gesagte veranschaulichen.
Deutlich legt der Autor im letzten Unterabschnitt – betitelt mit „Aktionsgruppe Banat – Rückblicke, Reflexionen, Richtigstellungen“ – seine Sicht und seine Rolle als Gründungsmitglied dieser literarisch-politischen Gruppe offen. Dabei fällt der Blick auf viele Details von deren historischen Aktivitäten, ihrer Personenkonstellationen, einschließlich der der Nobelpreisträgerin Herta Müller. Was die geistige und poetologische Ausrichtung jener Literaten und ihre „Schreibtechnik“ betrifft, so stellt der Autor, nochmals auf diese Gruppe bezogen, fest: Es gehe um eine konsequente „Hinterfragung und kritische Dekonstruktion überkommener Denk- und Sprachgebilde, und zwar sowohl der dogmatischen kommunistischen Ideologie wie auch der tradierten ‚lebensweltlichen‘ Sinnmuster der banatschwäbischen Dorfgemeinschaften und ihrer kulturellen Selbstverständnisse“ (330).

Anschaulichkeit durch reichhaltige Details gepaart mit differenzierter wissenschaftstheoretischer Begriffslastigkeit

Schon im ersten Kapitel „Das Banat und die Deutschen aus Rumänien“ (17–152) begegnet dem Leser in Sterblings Buch der teilweise hochabstrakte Stil von Theorieuntersuchungen und Begriffsanalysen, der auf einen intellektuellen, in den Sozialwissenschaften beheimateten Leser abzielt.8 Den akademischen Diskursen und Querverweisen folgen durchaus konkrete detailreiche Erkenntnisse, die eine Veranschaulichung des Abstrakten ermöglichen. Die Tatsache, dass eine überbordende Vielzahl eigener Literatur des Verfassers in den Fußnoten und Literaturlisten aufscheint – Beispiele: S. 15–16: 22 Sterbling-Titel neben 6 anderen; S. 214–216: 17 Sterbling-Titel und 18 andere; 236–238: 17 Sterbling-Publikationen und 12 andere – signalisiert immer wieder, dass hier eine Zusammenschau eigener Forschungs- und Denkergebnisse beabsichtigt ist.

Fazit

Angesichts der Vielfalt literarischer Bezüge und wissenschaftstheoretischer Begriffsanalysen dieser insgesamt sehr reichhaltigen statistischen und ereignisbezogenen Darstellung des historischen Schicksals der deutschen Bevölkerung im rumänischen Banat muss ein Rezensent dieses Buch zur Lektüre empfehlen. Als zusammenfassende bleibende Leistung des Autors ist hier ein wissenschaftliches Fundament gelegt, das bei tiefergehenden Problematisierungen zur Verfügung steht. Freilich kann sich der wissenschaftliche Stil mit weitläufiger Abstraktheit mancher Seiten bei einer breiteren, aber am Thema interessierten Leserschicht als Hindernis erweisen und die zuweilen sehr differenzierten Analysen eine sprachliche Barriere darstellen. Deshalb wäre es auf der Grundlage dieser Arbeit überlegenswert, ob die Herausgeber, die „Landsmannschaft der Banater Schwaben e.V.“, sowie die Förderinstitution „Kulturwerk der Banater Schwaben e. V. Bayern“, eine für eine ausgeweitete Leserschaft eingerichtete Fassung des Buches in Angriff nehmen könnten, bei der die Abstraktion zugunsten breiterer Konkretisierungen reduziert sein mag.

Helmut Erwert

Fußnoten

  1. Siehe S. 7: „Zwölf thematisch lose zusammenhängende Beiträge“.

  2. Auf Seite 7/FN 2 gesteht der Autor freimütig „stellenweise Überschneidungen“ und damit eine gewisse „Redundanz“. Auf den ersten Blick könnte man hier etwa auf die wiederkehrende Thematik der „Aktionsgruppe Banat“ im Großkapitel I. (51–54), II. (225–230) und III. (317–342) verweisen. Unterschiedliche Wertigkeiten und Ebenen von Untertiteln stechen hervor, etwa wenn unter der Subsumierung „II. Heimat und Wanderung“ die gleichgeordneten Unterabschnitte „Die Aussiedlung der Deutschen aus Rumänien“ (155–199) und „Warum ich kein Handwerker wurde“ (217–238) stehen.

  3. Wer wissen will, auf welche publizistischen oder rhetorischen Vorgängertexte bzw. deren Bearbeitung die im Buch vorgetragenen Gedanken beruhen, den verweist der Autor in einer Anmerkung auf den Abschnitt „Entstehungsanlässe der Beiträge“ (343–345) am Schluss des Buches, wo er darüber Rechenschaft ablegt.

  4. Hier ist dem Autor wohl eine Fehlinterpretation unterlaufen. Die in seinen Anmerkungen durchaus angeführte Literatur über das der Vojvodina einverleibte „Banat“ – dem Westbanat – im Band V der „Dokumentation der Verbreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa“ schildert ausführlich, dass der deutschen Minderheit in der Tito-Zeit seit 1944 durch Massenerschießungen, Kollektiv-Internierung, Hungertod und Epidemien ein hoher Blutzoll abverlangt worden ist: „In allen Lagern war die Zahl der Todesopfer hoch: willkürliche Erschießungen, Misshandlungen, völlig unzureichende Nahrung und ununterbrochene schwere physische Arbeit rafften die Insassen dahin.“ (S. 93 E). Diese Zustände werden in vielen Augenzeugenberichten in dem Dokumentband bestätigt. Erst in den 1950er Jahren trat eine Massenauswanderung der dezimierten Zahl von Überlebenden ein, sodass von allen drei Teilen des historischen Gesamtbanats der Teil auf serbischem Gebiet schon in den 1960er Jahren kaum mehr wahrnehmbare Reste einer deutschen Minderheitenbevölkerung aufwies. Vgl. dazu auch Janjetović 2005, 249–286; Erwert 2022, 341–355; Arbeitskreis Dokumentation o.J.u.a.m.

  5. Schon im Gesamttitel des Buches „Das Banat, die Deutschen aus Rumänien, […]“ könnte man eine Ambivalenz der Bezeichnung „Banat“ erkennen. Unter diesem Sammelbegriff bzw. auch unter dem Begriff der „Banater Schwaben“ versteht der Autor des Buches und wohl auch mancher Leser meist das Ostbanat, also den zu Rumänien geschlagenen Teil und dessen Bewohner, wiewohl Sterbling in einer späteren Passage durchaus die Teilungs- und Größenverhältnisse dieser historischen Region präzise angibt. Auf S. 94 ist nachzulesen, dass der Serbien angegliederte Gebietsteil „Banat“, also das Westbanat, immerhin die Hälfte der Flächengröße einnahm, im Vergleich zu dem dem Land Rumänien eingegliederten ostbanater Teil.

  6. In diesem Zusammenhang erwähnt Sterbling das tapfere Festhalten der Banater Schwaben an ihren katholischen Kirchweihbräuchen.

  7. Ein ergänzender Blick auf die anderen Banater Schicksalsgenossen in Ungarn und Jugoslawien nach 1945 wäre hier informativ. Siehe etwa Seewann/Portmann 2020, 235–286 oder Erwert 2022, 341–344.

  8. Präzise formuliert, mag dies manchen Insider begeistern, doch lesefreundlich für die breite Öffentlichkeit ist dieses Vorgehen nur bedingt, da es ein großes Maß an vertrauter Vorkenntnis und hohe Intellektualität und Konzentration voraussetzt.

Bibliographie

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2023-06-18
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