Mit Ungarn und Serben – Gedenken in Jarek

Bela Csorba: “Würdige Trauer ist ein Urgrundrecht der Menschen”

In “Der Donauschwabe – Mitteilungen für die Donauschwaben”, dem Organ der Landsmannschaft der Donauschwaben (in Deutschland), vom 15. Dezember 2010 wird auf Seite 12 ein Beitrag veröffentlicht, der in “Vojvodina Danas” (Woiwodina Heute) erschien und von Stefan Barth ins Deutsche übersetzt wurde. In dem Artikel von Istvan Ternovac geht es um das Gedenken der Opfer des Vernichtungslagers Jarek (serbisch: Backi Jarak; ungarisch: Tiszaistvanfalva – der Ort liegt 15 Kilometer nordöstlich von Neusatz/Novi Sad in der Batschka) am 31. Oktober 2010 in der Nähe der Massengräber. Jarek war eine rein deutsche Gemeinde mit rund 2000 Einwohnern. Bis auf 54 Personen flüchteten sämtliche Jareker vor der heranrückenden Roten Armee und den Partisanen. Zwischen dem 2. Dezember 1944 und dem 17. April 1946 waren in dem Konzentrationslager für arbeitsunfähige Deutsche in der Südbatschka bis zu 15 000 Menschen interniert. Mindestens 7000 Donauschwaben starben, 5240 Tote sind im von der Donauschwäbischen Kulturstiftung herausgegebenen vierten Band des “Leidenswegs der Deutschen im kommunistischen Jugoslawien” (siehe Publikationen) namentlich aufgelistet. Hauptsächliche Todesursachen waren Fleckfieber, Dystrophie, Ruhr und Erschöpfung. Die Donauschwäbische Kulturstiftung zitiert aus dem Beitrag von Ternovac:

Es waren rund dreißig Personen anwesend bei der Kranzniederlegung am Kreuz, das in der Nähe der unlängst anerkannten Massengräber errichtet worden ist. Die Niederlegung der Kränze an den Massengräbern selbst war nicht möglich, weil sich das Agrarland, auf dem sie sich befinden, Privatbesitz ist. Bei dem ersten Gedenkkreuz in Jarek, das im Jahr 2006 aufgestellt wurde, konnte man das Gedenken an die Opfer nicht abhalten, weil es sich in einer Senke neben einem Müllplatz befindet, die - wegen häufiger Regenfälle - zurzeit unter Wasser steht.

Bela Csorba, der Kreisvorsitzende der DSVM (Demokratska stranka vojvodjanskih Madjara; Demokratische Partei der Woiwodina-Ungarn) in Temerin, hielt eine passende Rede. … Er erinnerte daran, dass der Weltdachverband der Donauschwaben schon vor einiger Zeit von der Ortsgemeinschaft Jarek und der lokalen Selbstverwaltung in Temerin verlangt habe, dass man einen entsprechenden Platz für eine Gedenkstätte zur Erinnerung an die Verstorbenen zur Verfügung stellt. Wie Herr Csorba ausführte, hat man diesem Ansinnen bisher nicht entsprochen, weil bisher, außer den Vertretern der Ungarischen Koalition, keine andere Partei in der Gemeinde diese Idee unterstützt habe.

Csorba wörtlich: “Ohne Rücksicht darauf verliere ich nicht die Hoffnung, dass der nächste Versuch erfolgreicher sein wird, weil – wie uns die Tragödie ‘Antigone’ im Drama des griechischen Schriftstellers Sophokles lehrt – es wichtigere moralische Gesetze gibt als die augenblicklichen Staatsinteressen. … Das Moralgesetz lehrt uns, dass wir unsere Verstorbenen immer, egal unter welchen Bedingungen, bestatten und würdig betrauern müssen. Das ist ein Urgrundrecht der Menschen, das niemand verändern kann. Die heutige Anwesenheit des Vorsitzenden der Ortsgemeinschaft Jarek lässt eine Verständigung erwarten, dass wir allmählich dazu kommen, anstatt des heutigen bescheidenen Gedenkkreuzes zur Erinnerung an die rund 6500 Opfer, die an dieser Stelle ruhen, etwas Würdigeres zu errichten.”

An dem Gedenkkreuz haben neben den Verwandten der Opfer noch Eva Vukasinovic, Stellvertreterin des Provinz-Ombudsmannes, und Andras Gusztony, Bürgermeister der Gemeinde Temerin, Kränze niedergelegt. Im Namen des Verbandes der Donauschwaben hat der Vorsitzende der Zivilorganisation “Batschki Forum”, Glisa Mihajlov, einen Blumenstrauß zur Erinnerung an die Opfer niedergelegt. Eine besondere Aufmerksamkeit verdient die Tatsache, dass am Treffen zum Gedenken an die Opfer zum ersten Mal auch Vertreter der Ortsgemeinschaft Jarek (die Serbische Radikale Partei) mit Milan Mandic, dem Vorsitzenden des Gemeinderates, an der Spitze teilgenommen haben. Mandic erklärte gegenüber den Medien, dass er auch denkt, “die Zeit sei gekommen, dass die Verwandten auf eine würdige Art und Weise der Opfer gedenken können”. Er fügte hinzu, dass die Einwohner von Jarek im Zusammenhang mit dem Konzentrationslager Jarek nichts zu verbergen hätten, weil sie sich erst nach der Auflösung des Lagers in Jarek ansiedelten. _
Mehr zu Jarek, diesem “Lager mit Sonderstatus” (so die offizielle Bezeichnung), in folgenden von der Donauschwäbischen Kulturstiftung herausgegebenen Büchern (siehe Publikationen):

  • Wildmann, Georg: Verbrechen an den Deutschen in Jugoslawien 1944-1948.- München 2006. 4. Auflage. S. 170-179.
  • Leidensweg der Deutschen im kommunistischen Jugoslawien. Band III. Erschießungen, Vernichtungslager, Kinderschicksale.- München/Sindelfingen 1995.

2010-12-19