Bei den Donauschwaben in Cleveland (USA) 2014

Mein Name ist Bianca Sabrina Furak, ich bin 23 Jahre alt und eine Banater Schwäbin. Ich komme aus Crailsheim und gehöre der Crailsheimer Tanzgruppe an. Meine Eltern sind Melitta und Erich Furak – vielen sind diese Namen nach dem großen Polkaweltrekord im Juni 2013 in Crailsheim bekannt. Mein Vater ist der Vorsitzende der Banater Schwaben in Crailsheim. Ich studiere Spanisch und Englisch auf Gymnasiallehramt in Würzburg und interessiere mich nicht nur für fremde Sprachen, sondern auch für die Banater Kultur, Geschichte und den Dialekt und ganz nach meinem Vater ist es mir wichtig, die donauschwäbischen Freundschaften mit den Schwowe überall auf der Welt aufrecht zu erhalten. Im Sommer 2013 kam die argentinische Tanzgruppe “Heimatland” aus Buenos Aires nach Crailsheim zu Besuch und dieser Besuch hat mich nachhaltig geprägt, denn wir sind enge Freunde geworden. Ich habe mich mehr und mehr dafür interessiert, wo überall auf der Welt Banater Schwaben und Donauschwaben leben und auch Stefan Ihas, den Präsidenten des Weltdachverbandes der Donauschwaben, darüber befragt und mich letztendlich dafür entschieden, so etwas wie einen kulturellen Austausch zu machen, ein Auslandssemester bei den Schwowe in anderen Ländern, um meine Sprachkenntnisse aufzubessern, Freundschaften zu knüpfen sowie die donauschwäbische Kultur, Sprache und Traditionen auszutauschen, damit sie uns erhalten bleiben.

Vom 1. November 2013 bis zum 26. Januar 2014 war ich in der Stadt Cleveland im Staat Ohio in den USA. Ich wohnte dort bei Nikolaus und Nicole Filippi und ihren 4 Kindern Monika, Anton, Juliana und Emerick. Nikolaus’ Vater, Robert Filippi, ist ein Freund meines Vaters und der Präsident der Donauschwaben in den USA. Ich nahm dort aktiv am Vereinsleben der Donauschwaben teil und will deshalb die Landsmannschaft in Cleveland etwas näher bringen.

Robert Filippi
Robert Filippi (Präsident des Landesverbandes der Donauschwaben, USA) mit Ehefrau Liz und Bianca Furak

Die ersten Donauschwaben, die nach Cleveland ausgewandert sind, waren die Banater Schwaben. Die Gemeinschaft der Banater Schwaben in Cleveland hat bereits 1925 eine große Halle als Vereinsheim gebaut, die “Banater Halle”, ein wunderschönes Gebäude, das heute noch steht. Doch in der Zeit der Wirtschaftskrise in den 1930er Jahren haben sie das Gebäude verloren. 1951 bauten sie dann auf derselben Straße den “Banater Club”. Heute ist das Gebäude ein Veteranenclub, denn nach und nach kamen immer mehr Donauschwaben nach Cleveland und der Club wurde zu klein. 1986, nach langen Jahren harter Arbeit und vielen Spenden, eröffnete die “Vereinigung der Donauschwaben” dann den “Lenaupark” oder das “Deutsch-Amerikanisches Kulturzentrum der Donauschwaben”. Es umfasst 4.340 Quadratmeter und beinhaltet unter anderem zwei Kegelbahnen, mehrere Räume für die Deutsche Sprachschule, Kindergarten, Partys, Tanz-Unterricht, eine Bibliothek, Dusch- und Sanitäranlagen, eine Fußballhalle, einen großen Festsaal, Küchenanlagen, eine große Bar und Büros. Der Außenbereich ist wunderschön, mit Pavillons, einem See, einem Grillplatz, einem Fußballplatz und einem Tennisplatz.

Obwohl im Großraum Cleveland schätzungsweise 5000 Donauschwaben oder Nachfahren von Donauschwaben leben, zählt der Donauschwabenclub heute nur noch circa 1200 aktive Vereinsmitglieder, von welchen 60 Prozent Donauschwaben sind, denn neben den Donauschwaben gibt es auch einheimische Amerikaner, deutsche Immigranten, Gottscheer, Siebenbürger Sachsen usw., welche am Club interessiert sind und teilnehmen. 30 Prozent der Donauschwaben im Club in Cleveland sind schätzungsweise aus Ungarn, 25 Prozent aus der Batschka, 25 Prozent aus dem Banat und 20 Prozent aus Slawonien. Der Club der Donauschwaben in Cleveland hat einiges zu bieten: es gibt einen Fußballverein, den “SCD Concordia” (Sport Club Donauschwaben Concordia), die “Donauschwäbische Blaskapelle”, den “Banater Chor”, den “Altheimatlichen Kegelverein”, die “Donauschwäbische Frauengruppe”, die “Blau-Weiss-Tennisgruppe”, den “Edelweiss Ski Club”, eine “Donauschwäbische Seniorengruppe”, die auch tanzt, eine Golfgruppe und eine Handarbeitsgruppe - um nur einige zu nennen.

Eine der wichtigsten Gruppen ist die “Donauschwäbische Tanz- und Trachtengruppe”, die sich aus der Jugendgruppe, der “Kulturgruppe” für Erwachsene und der Kindergruppe zusammensetzt. Die Kindergruppe besteht aus Vier- bis Zwölfjährigen und kümmert sich um den Nachwuchs der Jugend- und Kulturgruppen. Alle Tanzgruppen haben Einheits-Trachtendirndl, die sie bei informalen Auftritten tragen, bei formalen Auftritten tragen sie ihre Donauschwäbischen Trachten von ihren jeweiligen Dörfern und nur die Kindergruppe hat eine einheitliche donauschwäbische Tracht. Hauptauftritte der Tanzgruppen sind an Kirchweih und im Rahmen des Oktoberfests des Donauschwäbischen Clubs. Zudem übt die Jugendtanzgruppe stetig für einen alle drei Jahre stattfindenden Wettbewerb aller Tanzgruppen in Kanada und den USA. Bei dem Wettbewerb wird nicht nur getanzt, sondern auch gesungen, in Mundart gesprochen und Vorträge gehalten.

Jeden Montag bin ich zusammen mit der Familie Filippi in den Deutschen Club gegangen, weil ihre Kinder Monika und Anton in der Kindertanzgruppe mittanzen. Nikolaus Filippi, ihr Vater, ist der Tanzgruppenleiter der Kindertanzgruppe. Zur selben Zeit übte auch immer die Jugendtanzgruppe in einem anderen Raum und auch die Eltern der tanzenden Kinder und Jugendlichen waren für die Zeit der Tanzproben immer gut versorgt, denn wir saßen immer zusammen in der wunderschönen Bar des Clubs und haben auf die Schwowe angestoßen. Die Tanzproben haben mich immer an die Tanzproben der Crailsheimer Tanzgruppe erinnert, dieselben Lieder, dieselbe Tänze … und auch in Crailsheim wird bei den Proben ordentlich angestoßen. Die erwachsenen Tänzer der Kulturgruppe trafen sich immer freitags abends und unter ihnen habe ich sehr viele Freunde gefunden. Ich war auch auf ihren Weihnachtsfeiern und auf privaten Feiern eingeladen. Der Zusammenhalt in dieser Gruppe ist sehr gut und man trifft sich auch gerne privat.

Eine weitere wichtige Institution ist die Deutsche Sprachschule, die auch im Club der Donauschwaben angesiedelt ist und ursprünglich von Banater Schwaben gegründet wurde. Der Unterricht findet jeden Mittwochabend und Samstagvormittag statt und reicht von der Kindergartenklasse bis zur Erwachsenenklasse und seit 2014 gibt es auch eine Kleinkind- und Elterngruppe. Alle Lehrer sind deutsche Muttersprachler. Die Schule ist sehr gut organisiert und man kann international anerkannte Sprachprüfungen ablegen. Ich selbst war immer samstags mit Monika Filippi (fünf Jahre alt) in der Deutschen Sprachschule und habe auch ein wenig ausgeholfen, da ich selber Lehrerin werde. Die deutsche Sprache zu beherrschen und auch den schwowischen Dialekt ist sehr wichtig für den schwowischen Nachwuchs hier in Amerika, denn das schafft ein Gemeinschaftsgefühl, da Sprache verbindet. Das Angebot der Sprachschule nehmen nicht nur Donauschwaben, Siebenbürger Sachsen und deutsche Aussiedler im Allgemeinen wahr, sondern auch Amerikaner, die gar keinen deutschen Hintergrund haben, denn die Sprachschule der Donauschwaben genießt in Cleveland ein hohes Ansehen und Deutsch sprechen zu können gilt als etwas Besonderes.

Immer wenn die Deutsche Sprachschule aus war und ich mich mit Monika auf den Heimweg gemacht habe, haben wir - bevor wir gingen - noch einen Blick in die Fußballhalle geworfen und den Fußballern beim Spielen zugesehen. Ob jung oder alt, der Fußballclub zieht viele Leute an – nicht nur Donauschwaben, sondern auch viele einheimische Amerikaner, was wiederum eine gute öffentliche Wahrnehmung der Donauschwaben zur Folge hat. Ein weiteres wichtiges Ereignis, das die Jugend anlockt, ist das Sommerlager der Donauschwaben, bei dem die Jugend ein paar Tage zusammen zeltet und alles über die donauschwäbische Kultur, den Dialekt, über die Tradition und die Küche lernt. Sie lernen wie man donauschwäbisch backt und kocht, zum Beispiel wie man Worscht macht. Auch lernen sie dort Lieder in Mundart und sprechen viel Dialekt.

Die Feste im Donauschwäbischen Club waren immer sehr lustig. Man kann die Festhalle auch für private Feste oder Betriebsfeste mieten, doch meist nutzen die eigenen Vereine im Club die Halle für ihre Veranstaltungen. So hatte zum Beispiel auch jeder Verein seine eigene Weihnachtsfeier im Club. Besonders gefallen hat mir unter anderem das “Alpenfest” des “Edelweiss Ski Clubs” am 16. November 2013. An diesem Abend habe ich sehr viele Donauschwaben kennen gelernt, weil es meine erste Party im Donauschwabenclub war. Ich war zwar eine der Jüngsten dort, aber ich bin an diesem Abend sehr oft auf einen Schnaps eingeladen worden, denn alle Schwowe dort haben sich über den deutschen Besuch gefreut und man hat sogleich über gemeinsame Bekannte unter den Schwowe in Deutschland geredet und aus welchem Dorf die Familien herkommen und wer mit wem verwandt ist. Die Weihnachtszeit war vollgepackt mit privaten Weihnachtsfeiern der Vereinsmitglieder, auf welche ich eingeladen war und wo sich alle Schwowe gerne getroffen haben. Am 22. Dezember 2013 fand im German Club die Weihnachtsfeier der Kinder und Jugendlichen aus der Deutschen Schule und der Tanzgruppe statt. Weil die Kinder der Familie Filippi in beiden Einrichtungen sehr aktiv sind, waren wir natürlich dort. Es wurde ein Programm aufgeführt mit einem Krippenspiel, Weihnachtsgedichten und Weihnachtsliedern. Die Chöre des Donauschwabenclubs sangen ebenfalls – in Begleitung der Donauschwäbischen Blaskapelle. Die Gesangsauftritte haben mir als Sängerin sehr gut gefallen.

Donauschwaben Cleveland
Kulturzentrum der Donauschwaben in Cleveland - Foto: Bianca Furak

An Silvester fand im Donauschwäbischen Club ein Silvesterball statt, wir haben jedoch zuhause mit der Familie und den Freunden gefeiert , denn am Silvesterball ziehen sich alle sehr schick an und die Frauen tragen ihre schönsten Kleider – wie an vielen schwowischen Silvesterbällen in Deutschland und ich hatte kein Ballkleid mit nach Amerika genommen.

Meine Zeit zuhause bei den Filippis war wundervoll, wir haben tolle Ausflüge unternommen und wir haben sehr oft donauschwäbisch gekocht (der Donauschwabenclub hat für seine Mitglieder sogar ein donauschwäbisches Kochbuch zusammengestellt) und ich habe neben dem amerikanischen Essen auch altbekannte Gerichte gegessen wie zum Beispiel Doboschtorte oder Kraut und Knedl. Als mein Freund Holger Ungar aus Spaichingen (auch ein Banater Schwabe) mich hier besuchen war, haben wir zuhause bei Robert Filippi Wurst und Fleisch geräuchert und guten Obstler getrunken, das hat mich an mein Zuhause erinnert. Was die Sprache anging, haben wir in der Familie Englisch und Deutsch geredet und natürlich auch Schwowisch. Mein Englisch hat sich sehr verbessert, was wichtig für meinen späteren Beruf ist.

Insgesamt hat mir meine Zeit in Cleveland und im Donauschwäbischen Club sehr gut gefallen, ich war gerne dort und wurde von allen sehr freundlich in die Gemeinschaft aufgenommen. Nicole und Nikolaus Filippi organisierten eine Abschiedsparty für mich im Donauschwäbischen Club in der Bar an meinem letzten Freitag in Amerika, bevor ich weiter nach Toronto in Kanada zu den nächsten Schwowe ging. Die Abschiedsparty war sehr schön und rührend, alle Schwowe, die ich kennengelernt hatte und meine gesamte amerikanische Familie und Freunde kamen in den Donauschwäbischen Club um mir “Auf Wiedersehen” zu sagen.

Bianca Sabrina Furak

2014-05-02