“Für uns stellt sich die Kernfrage: Kommt unser Schicksal in die Geschichtsbücher oder werden wir ein zweites Mal, nämlich auch noch aus der Geschichte, vertrieben?”, erklärte Anton Ellmer, Landesobmann der Donauschwaben in Oberösterreich, am 28. November 2012 im Rahmen der Übergabe einer Petition an die österreichische Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Die Petition trägt den Titel “Verpflichtende Aufnahme der Geschichte der Heimatvertriebenen in die Lehrpläne der Pflichtschulen und in die Schulbücher” und wurde von einer Delegation bestehend aus den Vertriebenensprechern der Regierungsparteien, Abg.z.NR Franz Kirchgatterer (SPÖ) und Mag. Michael Hammer (ÖVP), dem stellvertretenden VLÖ-Bundesvorsitzenden LAbg. aD Gerhard Zeihsel sowie Ellmer übergeben.
Anton Ellmer, Initiator und Koordinator des Projekts, wies bei der Übergabe der rund 3000 Unterschriften darauf hin, dass in Österreich derzeit etwa eine Million Menschen deutscher Muttersprache mit heimatvertriebenem Hintergrund leben, jedoch im Verhältnis nur wenige über die Geschichte und oft auch die eigenen Wurzeln Bescheid wissen. “Am Beispiel Jugoslawien erkennt man, wie noch unter dem Regime Tito begonnen wurde, nicht die historische Wahrheit zu lehren, sondern eine Geschichte zur ‚Vernebelung’ der eigenen Bevölkerung zu schreiben und zu unterrichten. Das führte dazu, dass selbst heute noch, also fast 70 Jahre später, die heutige Generation ein vollkommen falsches Geschichtsbild hat, was naturgemäß ein Hindernis für eine vollkommene Aussöhnung ist”, ergänzte Ellmer weiter.
Ellmer bat im Gespräch mit Präsidentin Prammer, die Forderung nach einer verpflichtenden Einführung der Geschichte der in Österreich lebenden Heimatvertriebenen deutscher Muttersprache in den Unterrichtsmaterialien zu unterstützen. “Frau Präsidentin Prammer zeigte sich sehr aufgeschlossen und betonte ausdrücklich, dass wir ja aufgrund der jahrhundertelangen Zugehörigkeit zum ‚Habsburgerreich’ ‚Altösterreicher’ sind und somit einen festen Bestandteil der Geschichte darstellen und daher auch im Geschichtsunterricht unseren Platz finden müssen”, berichtete Ellmer.
Im Gespräch mit Präsidentin Prammer wurde auch die “Opfer-Täter-Rolle” andiskutiert. “Die Erlebnisse der Heimatvertriebenen und deren Integration in Österreich sind Tatsache – und somit Geschichte. Nachdem die Heimatvertriebenen ein wesentlicher Teil der österreichischen Geschichte sind, gehört ihr Schicksal in die Geschichtsbücher. So oder so, denn zu seiner Geschichte muss man stehen”, so NR-Abg. Hammer, dessen Standpunkt sich auch NR-Abg. Kirchgatterer anschloss.
Landesobmann Ellmer, der drei Jahre lang im größten Tito-Vernichtungslager in seinem Heimatort Rudolfsgnad war, bis ihm die Flucht über Rumänien und Ungarn nach Österreich gelang, betonte zum Abschluss des Gespräches, dass er schon allen um des Friedens willen ein Verfechter der EU sei und daher einerseits weiterhin alles in seinen Kräften stehende tun werde, um eine echte Versöhnung mit “der alten Heimat” zu erreichen – eine damit verbundene “Entschuldigung” der Vertreiberstaaten vorausgesetzt. Andererseits aber auch, um der oft pauschalen Abqualifizierung der Heimatvertriebenen als Mitglieder “des rechten Lagers” entgegenzuwirken. “Diese Missverständnisse muss man durch klare Bekenntnisse ausräumen”, forderte Ellmer.
“Gelingt es uns nicht, durch den Weg über den Unterricht Teil des allgemeinen öffentlichen Bewusstseins zu werden, dann haben wir, die letzten noch lebenden Zeitzeugen und Funktionäre, die verantwortungsvolle Positionen bekleiden, leider versagt”, schloss Ellmer und versprach den weiteren Weg der Petition genauestens zu verfolgen und soweit als möglich auch unterstützend zu begleiten.
2012-12-03