Kroatien: Parlamentsbeschluss zu kommunistischen Verbrechen

Kaum bekannt ist eine Erklärung des kroatischen Parlaments vom 30. Juni 2006 über die Verurteilung der Verbrechen, die während des kommunistischen Regimes in Kroatien von 1945 bis 1990 verübt wurden. Deshalb sollen an dieser Stelle die wichtigsten Passagen der Resolution veröffentlicht werden.

“Das Kroatische Parlament
den höchsten Werten der Verfassungsordnung der Republik Kroatien und der internationalen Rechtsordnung verpflichtet,
die am 25. Januar 2006 von der parlamentarischen Versammlung des Europarats verabschiedete Resolution 1481 zur Notwendigkeit der internationalen Verurteilung von Verbrechen totalitärer kommunistischer Regime bestätigend und stärkend,
die kroatische Öffentlichkeit mit tiefstem Bedauern, Pietät und Anteilnahme an die zahlreichen Verbrechen, die im Namen des Kommunismus, des Klassenkampfes und der Diktatur des Proletariats an den Bürgern der heutigen Republik Kroatien und der Kroaten außerhalb Kroatiens verübt wurden, erinnernd,
besorgt wegen der Tatsache, dass sich in der kroatischen öffentlichen Verwaltung und Nichtregierungsorganisationen Personen befinden, die unmittelbar an Menschenrechtsverletzungen während der Herrschaft des totalitären Kommunismus in Kroatien beteiligt waren,
entschlossen in der Absicht alles zu tun, damit sich die tragische Vergangenheit der Verbrechen und der schweren Menschenrechtsverletzungen nie wieder wiederholt;
einig in der Verurteilung jedes einzelnen Verbrechens und aller Verbrechen in ihrer Gesamtheit, die sich tatsächlich während des totalitären Kommunismus in der heutigen Republik Kroatien und des ehemaligen Jugoslawien ereignet haben,
die Resolution 1096 über die Maßnahmen zur Beseitigung des Erbes der ehemaligen totalitären kommunistischen Systeme, die von der Parlamentarischen Versammlung des Europarates am 27. Juni 1996 verabschiedet wurde, bekräftigend,
verabschieden wir, die Abgeordneten des Kroatischen Parlaments, am 30. Juni 2006 folgende

ERKLÄRUNG
über die Verurteilung von Verbrechen, die während des totalitären kommunistischen Regimes in Kroatien von 1945 bis 1990 begangen wurden

1. Die totalitären kommunistischen Regime, die in Mittel- und Osteuropa im letzten Jahrhundert herrschten und die noch in einigen Ländern der Welt regieren, waren, ohne Ausnahme, gekennzeichnet durch massive Menschenrechtsverletzungen.

2. Die Menschenrechtsverletzungen unterschieden sich je nach Kultur, Land und geschichtlichem Zeitraum und schlossen individuelle und kollektive Morde sowie Hinrichtungen, Tod in Konzentrationslagern, Aushungern, Deportation, Folter, Zwangsarbeit und andere Formen von physischen und psychischen Massenterror ein, ferner Vertreibung auf ethnischer und religiöser Grundlage, Verletzungen der Gewissens-, Meinungs- und Pressefreiheit sowie das Fehlen von politischem Pluralismus.

4. Der Sturz der totalitären kommunistischen Regime in Mittel- und Osteuropa wurde nicht in allen Fällen, so auch nicht im Fall der Republik Kroatien, von nationalen und/oder internationalen Untersuchungen der von diesen Regimen begangenen Verbrechen begleitet. Überdies wurde nicht der Versuch unternommen, die Urheber dieser Verbrechen vor die internationale Gemeinschaft zu bringen, wie dies bei den entsetzlichen Verbrechen des Nationalsozialismus getan wurde.

5. Als Folge hiervon ist das allgemeine Bewusstsein über die Verbrechen der totalitären kommunistischen Regime in der Öffentlichkeit der ehemaligen kommunistischen Länder, so auch in der kroatischen Öffentlichkeit, sehr schwach ausgeprägt. Kommunistische Parteien sind legal und in einigen Ländern politisch aktiv, auch wenn sie sich nicht in allen Fällen von den von ihnen in der Vergangenheit begangenen Verbrechen distanziert haben.

6. Das kroatische Parlament ist überzeugt, dass die Kenntnis und das Bewusstsein über geschichtliche Ereignisse eine der Voraussetzungen dafür sind, ähnliche Verbrechen in der Zukunft zu vermeiden. Zudem spielen die moralische Bewertung und Verurteilung begangener Verbrechen eine entscheidende Rolle bei der Erziehung junger Generationen. Ein deutlicher Standpunkt der internationalen und nationalen Gemeinschaft gegenüber der Vergangenheit kann und muss eine Richtlinie für unser künftiges Handeln sein.

7. Das Kroatische Parlament ist der Auffassung, dass die Opfer der Verbrechen totalitärer kommunistischer Regime, einschließlich ihrer Familien, Anteilnahme, Verständnis und die Anerkennung ihrer Leiden verdienen.

11. Deshalb schließt sich das Kroatische Parlament der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in seiner scharfen Verurteilung der zahlreichen Menschenrechtsverletzungen durch totalitäre kommunistische Regime an und drückt gleichzeitig den Opfern dieser Verbrechen in der Republik Kroatien, Europa und der Welt sein Mitgefühl, Verständnis und seine Anerkennung aus.

13. Das Kroatische Parlament teilt die Auffassung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, dass diese klare Position der internationalen Gemeinschaft den Weg zur weiteren Versöhnung ebnen wird. Darüber hinaus wird sie hoffentlich die Historiker in aller Welt dazu ermutigen, ihre Forschung im Hinblick auf die objektive Wahrheitsfindung voranzutreiben.

Az. 018-05/06-01/03
Zagreb, 30. Juni 2006
Das Kroatische Parlament
Präsident des Kroatischen Parlaments
gez. Vladimir Seks”

Zitiert nach BdV-Blickpunkt S.8/9, Ausgabe September 2011, München. Herausgeber des BdV-Blickpunkts ist der Bund der Vertriebenen, Vereinigte Landsmannschaften Landesverband Bayern.

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2011-10-13