In “Geschichte Serbiens. 19. bis 21. Jahrhundert” (Wien/Köln/Weimar 2007) schreibt der auf Jugoslawien spezialisierte Historiker Holm Sundhaussen auf Seite 335 über die Tragödie von Bleiburg im Mai 1945, als Zehntausende Kroaten auf Todesmärschen und durch Hinrichtungen von den Tito-Partisanen ermordet wurden:
“Hätte es damals bereits ein Haager Kriegsverbrechertribunal gegeben, hätte es Tito und seine Kommandeure für diese Taten zur Verantwortung ziehen müssen.”
Bereits 1961 ist Band V der vom Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte herausgegebenen Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa erschienen mit dem Titel “Das Schicksal der Deutschen in Jugoslawien”. Deshalb ist es unfassbar, dass Tito 1974 im Rahmen eines mehrtägigen Staatsbesuchs in der Bundesrepublik Deutschland von Bundespräsident Gustav Heinemann (SPD) den höchsten deutschen Orden, die Sonderstufe des Großkreuzes, erhielt.
Die Donauschwäbische Kulturstiftung hat in den 1990er Jahren in der vierbändigen Dokumentation “Leidensweg der Deutschen im kommunistischen Jugoslawien” (siehe Publikationen) für die Zeit von November 1944 bis März 1948 über 50 000 Tote nachgewiesen, die als Zivilisten in den Todeslagern ihr Leben lassen mussten. Insgesamt gehen 64 000 deutsche Zivilisten – über 40 000 davon sind im vierten Leidensweg-Band namentlich erfasst – auf das Konto von Tito.
Es ist daher höchste Zeit, dem Partisanen-Führer – einem der größten Massenmörder des 20. Jahrhunderts – die Ehrung posthum abzuerkennen. Die Chancen dafür stehen laut dem Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” vom 6. Dezember 2010 nicht schlecht. Mitarbeiter Andreas Wassermann schreibt unter der Überschrift “Titos geheime Mörder” im Hinblick auf 22 Morde an Exil-Kroaten in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1970 und 1989:
“Schließlich führt die Bundesanwaltschaft bis heute in der Mordserie in 6 Ermittlungskomplexen 14 Personen als Beschuldigte, nach sechs von ihnen wird weltweit gefahndet.”
Der Rechtsanwalt von Gojko Bosnjak (77), der 1973 von einem Geheimdienst-Spitzel hätte erschossen werden sollen und das Attentat durch glückliche Umstände überlebte, schrieb Ende November 2010 an Bundesinnenminister Thomas de Maiziere mit der Bitte, Tito den Verdienstorden abzuerkennen. Begrüßt wird diese Forderung vom Kroatischen Weltkongress in Deutschland in einer Pressemitteilung, die am 5. Dezember 2010 in Anlehnung an den Spiegel-Artikel ausgesendet wurde.
Zum Beitrag “Titos geheime Mörder” in “Der Spiegel” Nr. 49/2010, S.52-56 vom 6. 12. 2010: www.spiegel.de/spiegel/print/d-75477005.html
Die Pressemitteilung des Kroatischen Weltkongresses im Wortlaut:
Anlässlich des Urteils des Oberlandesgerichts München wegen des Mordes am Exilkroaten Stjepan Djureković durch den jugoslawischen Geheimdienst 1983 bei München und des nun bekannt gewordenen Antrags zur posthumen Aberkennung des Bundesverdienstkreuzes für den ehem. jugoslawischen Staatspräsidenten Josip Broz Tito wegen seiner Verantwortung für politische Attentate an Regimegegnern, ruft der KWKD zur Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels deutschjugoslawischer Geschichte auf. Gleichzeitig veröffentlichen wir, ergänzend zum morgen
erscheinenden SPIEGEL-Artikel “Titos geheime Mörder”, bisher unbekannte Hintergründe und Details über den Krieg der jugoslawischen Mordmaschinerie gegen seine Regimegegner, der sich zum allergrößten Teil auf deutschem Boden abspielte.
In der längsten Mordserie der Nachkriegsgeschichte sprach die kommunistische Führung Jugoslawiens Andersdenkenden, zum größten Teil Exilkroaten, wegen ihrer politischen Gesinnung ihr Lebensrecht ab und überzog die westliche Welt mit einer in ihrer Brutalität einzigartigen Blutspur. Bisherige Erkenntnisse zeigen, dass der jugoslawische Geheimdienst zwischen 1945 und 1989 insgesamt ca. 90 Exilanten weltweit töten ließ. Hinzu kommen über 20 Mordversuche, sowie mehrere Entführungen und Vermisste. Jugoslawien tötete somit etwa doppelt so viele seiner Exilanten, wie alle ehemaligen Ostblock-Länder zusammen. Alleine zwischen 1970 und 1989 wurden 22 Exilkroaten in der BRD exekutiert, für die ausschließlich ein politisches Motiv für die Tat erkennbar” war, so die Münchner Richter.
Liquidierungen von Regimegegnern im Ausland, die den Geltungsanspruch von Staat oder Partei in Jugoslawien in Frage stellten, wurden von einigen Entscheidungsträgern als “legitimes Mittel” zum eigenen Machterhalt angesehen. Um auf die Todesliste der Geheimpolizei (UDBa) zu gelangen, genügte es in den meisten Fällen, öffentlichkeitswirksam das Regime kritisiert zu haben, führendes Mitglied von im Westen legalen Exil-Vereinen gewesen zu sein oder ein unabhängiges, demokratisches Kroatien gefordert zu haben. Besonders gefährlich waren beispielsweise Veröffentlichungen über Titos “Bleiburg-Massaker”, dem “kroatischen Katyn”: 1945 haben Titos Partisanen bei den schwersten Kriegsverbrechen nach Kriegsende ca. 300.000 Menschen umgebracht, davon alleine 200.000 Kroaten, aber auch Volksdeutsche, Slowenen, Serben; Frauen, Alte, Kinder und sie in Massengräbern im ganzen Land verscharrt. Ebenso gefährlich war es, Titos Gulag auf der Insel Goli Otok, Repressalien beim “Kroatischen Frühlings” oder die Bereicherung der kommunistischen Führungsschicht im Vielvölkerstaat anzuprangern.
Einige wenige – auch kroatische – Regimegegner sahen sich aufgrund des mörderischen Wütens eines gesamten Staates, bei meist verwehrtem Schutz und sehr beschränktem Ermittlungswillen der westlichen Gastländer, gezwungen, ebenfalls mit Gewalt zu antworten. Diesen Krieg konnten sie jedoch nur verlieren, da die Exilkroaten-Szene von UDBa-Agenten fast komplett unterwandert war. Sowohl der jugoslawische militärische als auch polizeiliche Apparat beteiligte sich an bewaffneten Aktionen gegen die Auswanderer. Spionage, Infiltration, Abhörung, Verfolgung, Kidnapping, Bestechung, Inszenierungen, alle Arten von Propaganda und psychologische Eingriffe wurden genutzt. Entsprechend herrschte unter den in den Westen geflüchteten Kroaten Angst und Schrecken vor dem langen Arm der UDBa, sowie großes Misstrauen untereinander.
Das jugoslawische Regime hat beachtliche Energie investiert, um mit verschiedensten Mitteln psychologisch und organisatorisch in der kroatischen Diaspora präsent zu sein. Grundlegendes Ziel dieser Handlungen war die Kontrolle bzw. Zerstörung jeglicher exilkroatischer Vereinigungen. Der Geheimdienst war überall. Er stützte sich nicht nur auf die jugoslawischen diplomatischen Vertretungen im Ausland, sondern auch auf sogenannte jugoslawische Clubs und Vereine. Auch Leiter oder Angestellte von jugoslawischen Reiseagenturen, Hotels und Zeitungen waren oft verdeckt arbeitende Agenten, weil sie an logistisch wichtigen und mit viel Außenkontakt versehenen Schaltstellen im Ausland arbeiteten. Bei der Ausführung der Morde bediente sich die jugoslawische Geheimpolizei systematisch krimineller Kreise.
Die UDBa entwickelte bei ihren Exekutionen Andersdenkender eine Taktik, die, sehr stereotyp, immer wieder angewandt wurde: fast jedem Mord an einem Emigranten ging ein von der UDBa selbst angezettelter Streit mit anderen Emigranten voraus. In Flugblättern ließ diese bspw. verbreiten, das Opfer sei selbst ein Agent der UDBa. So wurde in den Reihen der Emigranten Misstrauen gesät – mit dem Resultat, dass die Morde nicht der UDBa angelastet wurden. Die These, die Kroaten brächten sich im Verlauf “interner Auseinandersetzungen” gegenseitig um, galt lange auch für die deutsche Polizei – bis sie als unhaltbar aufgegeben werden musste. Bis heute ist kein einziger solcher Fall bekannt geworden. Um die westlichen Polizeiorgane gegen die Emigranten aufzubringen, finanzierte der jugoslawische Geheimdienst erwiesenermaßen – in “agent provocateur”-Manier – sogar kroatische Exilaktivitäten, die die manipulierten Teilnehmer hinter Gitter brachten.
Es ist inzwischen ersichtlich, dass die westlichen Länder Tito bei seinem Krieg gegen die eigene Diaspora gewähren ließen. In Zeiten des Kalten Krieges war Jugoslawien als führender “blockfreier” Staat, der sich 1948 von Stalin trennte, vom Westen besonders umworben. Tito war geschätzter Vermittler zwischen Ost und West; mit seiner Schaukelpolitik nutzte er die Interessensgrundsätze der Großmächte geschickt aus. Die Hoffnung des Westens war, dass auch weitere Länder Tito folgen und aus dem Warschauer Block herausbrechen. Zudem lieferte Tito auch wichtige Geheimdienstinformationen über den Ostblock an die NATO. Der jugoslawische Staatsterror wurde so offensichtlich, dass Lybiens Staatschef Gaddafi seinerzeit in einem SPIEGEL-Interview erklärte:
“Tito schickte Beauftragte in die BRD, um seine kroatischen Gegner dort zu liquidieren. Doch das Ansehen Titos in Deutschland hat keinesfalls gelitten. Warum darf Tito das tun und ich nicht?”
Hinsichtlich der Verantwortung für den jugoslawischen Staatsterrorismus konstatiert das Oberlandesgerichtes München in seinem Urteil von 2008, dass “bis zum Tod von Tito…allein dieser entsprechende Verfügungen” für Liquidierungen von Regimegegnern im Ausland getroffen hat (S. 11, c. Liquidierungsanordnungen). Zum gleichen Ergebnis kommt auch die kroatische Parlamentskommission zur Feststellung von Kriegs- und Nachkriegsopfern, die in ihrem Bericht schrieb, dass der ehem. Innenminister Jugoslawiens Franjo Herljević Tito “gewöhnlich im März oder April eines jeden Jahres umfangreich Bericht erstattete über die Sicherheitslage und die Erkenntnisse zu den Plänen der Emigration. Dann nannte er ihm Namen einiger Emigranten, gegen die evtl. “offensive Aktionen” unternommen werden sollten.”
“Dieses dunkle Kapitel deutsch-jugoslawischer Geschichte muss aufgearbeitet werden”, so Mijo Marić, Vorsitzender des KWKD. “Die Verantwortung Deutschlands und insbesondere des heutigen Kroatiens ist es, die Wahrheit über die vielen Morde herauszufinden sowie Genugtuung und Gerechtigkeit für die Opfer zu schaffen. Demnach begrüßen wir die juristische Aufarbeitung politischer Morde des Tito-Regimes vor deutschen Gerichten und den nun eingereichten Antrag zur posthumen Aberkennung des Bundesverdienstkreuzes für Tito. Unserer Heimat Kroatien wünschen wir die Kraft, die Voraussetzungen für eine gesunde zukünftige Entwicklung der kroatischen Gesellschaft zu schaffen, die nur auf der Wahrheit basieren kann.”
Über den Kroatischen Weltkongress in Deutschland e.V. (KWKD):
Als Dachverband mit ca. 120 Mitgliedervereinen ist der Kroatische Weltkongress in Deutschland e.V. (KWKD) ein freiwilliger Zusammenschluss der kroatischen Vereine und Körperschaften in Deutschland. Er hat die Aufgabe, den Integrationsprozess der Kroaten im Gast- und neuen Heimatland zu fördern, aber auch das kulturelle und geistige Erbe der Kroaten zu bewahren. Der KWKD vertritt die Interessen von ca. 400.000 Kroaten und kroatischstämmigen Menschen in Deutschland; die fünftgrößte Migrantengruppe Deutschlands überhaupt und die größte Ex-Jugoslawiens. Seine Vorstandsmitglieder engagieren sich ehrenamtlich und überparteilich.
Kontakt:
Mijo Marić, Kroatischer Weltkongress in Deutschland e.V.;
Leonhardtstr. 17, 14057 Berlin
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