Wohin steuert Serbien? Infotafel und Bürokratie-Hürden

Der serbische Regierungspräsident Vučić hat anlässlich seines Besuches in Deutschland in der FAZ am 11. Juni 2014 eine Beichte abgelegt. Dort schrieb er unter anderem: “Serbien und seine Politiker, auch ich, haben in den neunziger Jahren nicht verstanden, was in der Welt vor sich geht. Eingelullt in die Selbstzufriedenheit eines geschlossenen sozialistischen Systems, gefangen im Glauben an militärische statt wirtschaftliche Stärke, haben wir unser Land an den Rand des politischen und sozialen Abgrunds gebracht. In jenen Jahren hatten wir keine Verbündeten, da wir keine gesucht und auf niemanden gehört haben. So erlitten wir Niederlage um Niederlage. Die Kosten dieser Politik tragen wir noch heute.”

Weiter verwies Vučić darauf, dass Serbien in der Vergangenheit kein verlässlicher Partner gewesen war und versucht hatte, das Vertrauen Deutschlands durch politische Tricks zu erschleichen. Heute würden die Dinge etwas anders stehen, aber nicht weil sich Serbien von Grund auf geändert hätte. Er räumte ein, dass es noch Jahre dauern würde, bis sich das grundlegend ändert. Und er gesteht, dass es zu einer positiven Entwicklung nur durch die Mithilfe der EU und vor allem Deutschlands kommen kann. Er wünscht sich Deutschland als Verbündeten, weil Serbien gewillt ist, wie er betonte, von Deutschland und den Europäern zu lernen. Dabei hat er sich auch für die großzügige Hilfe Deutschlands für die Opfer der Überschwemmungskatastrophe in Serbien bedankt.

Ich habe diese Botschaft mit Freude aufgenommen und dachte, ich könnte auf seine Worte Taten folgen lassen und einige Vorschläge beisteuern, indem ich direkt an Herrn Premier Vučić schreibe. Ich habe zwar nicht von ihm, aber von seiner Kanzlei eine Antwort erwartet. Ich schrieb am 22. Juni 2014 einen in kyrillischer Schrift verfassten Brief per E-Mail an das Kabinett des Regierungspräsidenten Aleksandar Vučić:

Sehr geehrter Herr Regierungspräsident,

ich wurde 1937 in Futok geboren. Ende 1944 mussten meine Eltern mit mir und meiner Schwester in das Lager Batschki Jarek und 1947 zu Zwangsarbeit ins Bergwerk Tresibaba Podvis bei Knjaževac. Ich schloss 1957 das Abitur im Gymnasium in Novi Sad ab und siedelte mit meinen Eltern nach Deutschland, weil keine Hoffnung bestand, unser enteignetes Vermögen zurück zu bekommen und unsere Identität zu wahren. In Deutschland studierte ich Elektrotechnik und hatte als Ingenieur der Firma Siemens auch geschäftliche Verbindungen mit Serbien. Ich blieb weiterhin mit Serbien verbunden. Das habe ich in meinem Buch DEČAK IZ KOMŠILUKA (EIN JUNGE AUS DER NACHBARSCHAFT) zum Ausdruck gebracht.

Ich bemühe mich schon seit Jahrzehnten um bessere Beziehungen zwischen Serbien und Deutschland. Ich habe in den neunziger Jahren mit großen Lastwägen humanitäre Hilfe für Serbien geleistet: für das Klinikzentrum Novi Sad, für das Heim für behinderte Kinder und Jugendliche in Veternik und das Novisader humanitäre Zentrum (NSHC). Ich vermittelte Kontakte zwischen den Professoren der Universität in Novi Sad und unserer Universität in Erlangen wegen einer Zusammenarbeit bei der Anwendung erneuerbarer Energie. Die Volleyballer aus meinem Heimatort Futok kommen schon das vierte Jahr zu mir nach Erlangen und nehmen bei dem Gemischten Volleyballturnier auf dem Rasen in Bamberg teil. Wir haben den Besuch erwidert und haben an dem Volleyballturnier in Futok teilgenommen. Ich arbeite gut mit dem Serbischen Kulturverein Vuk Karadzic in Erlangen zusammen. Es eröffnen sich Gelegenheiten für Gespräche und Zusammenarbeit.

Als ich am 11. Juni Ihren Artikel in der deutschen Zeitung (Frankfurter Allgemeine Zeitung) las, hatte ich die Hoffnung, dass unsere langwierigen Projekte in Serbien Fortschritte machen könnten. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf zwei Projekte lenken: Errichtung eines Denkmals auf dem Werschetzer Schinderplatz, beschrieben in dem Buch KRST NA VRŠAČKOM ŠINTERAJU (KREUZ AUF DEM WERSCHETZER SCHINDERPLATZ) und in Batschki Jarek, wo in den einstigen Lagern nach dem Zweiten Weltkrieg deutsche Einwohner Jugoslawiens umgekommen waren. Wir verhandeln schon acht Jahre in verschiedenen Kommissionen, in der Ortsgemeinschaft und in der Gemeinde. Wir finanzieren die Projekte, das Geld haben wir bereits gesammelt und die Arbeiten sollen in Serbien ausgeführt werden. Aber immer findet sich angeblich ein Hindernis, um das Projekt zu verzögern oder zu verhindern, bereits seit acht Jahren. Diese schlechten Nachrichten gehen weltweit durch die Zeitungen der Donauschwaben und verbreiten so ungewollt eine schlechte Meinung über die Zusammenarbeit mit Serbien.

Sehr geehrter Premier, wir bitten Sie uns zu helfen und zu vermitteln. Das ist eine Möglichkeit zu zeigen, dass eine Zusammenarbeit möglich ist und wenn sie in kleinen Schritten möglich ist, wird sie auch in großen Schritten möglich sein.

Hochachtungsvoll
Stefan Barth

Dieser Brief wurde nicht beantwortet. Deshalb schrieb ich am 4. Juli 2014 nochmals eine Email mit folgendem Inhalt:

Sehr geehrter Premier,

ich schickte Ihnen eine Email, habe aber keine Empfangsbestätigung bekommen. Ich erwarte natürlich nicht, dass mir der Premier Serbiens antwortet, aber jemand aus seinem Kabinett. Wie sie im Anhang sehen können haben die Deutschen und Österreicher eine Zusammenarbeit mit Serbien bereits begonnen. Unter dem folgenden Link können Sie sehen, wie man den Menschen in Not hilft. heidelred.de/2014/07/01/bammental-hilft

Hochachtungsvoll
Stefan Barth, Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft Futok

Im Anhang waren mein Brief und die Plakate, auf denen die Donauschwaben die Bevölkerung in Deutschland und Österreich aufforderten, den Opfern der Flutkatastrophe in Serbien zu helfen.

Auch diese Email wurde nicht beantwortet.

Daraufhin schrieb ich am 16. Juli 2014 folgende Email:

Sehr geehrter Premier Aleksandar Vučić,

anlässlich Ihres Besuches in Deutschland hatten Sie einen Artikel in der deutschen Zeitung FAZ mit dem Titel Wir möchten von Deutschland und Europa lernen veröffentlicht. In Deutschland pflegt man auf eine höfliche Bitte höflich zu antworten, unabhängig davon, ob man der Bitte nachkommt oder nicht. Sicher würden die Donauschwaben auch helfen bei der Lösung Ihrer wirtschaftlichen Probleme, aber das scheint offensichtlich nicht in Ihrer Absicht zu liegen.

Hochachtungsvoll
Stefan Barth, Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft Futok

Auch diese Email wurde nicht beantwortet.

Das ist aber kein Einzelfall. Auch bei der Zusammenarbeit mit Kommunen türmen sich bürokratische Hürden auf. Dazu noch ein aktuelles Beispiel aus meinem Heimatort Futok.

Bei unserem Besuch in meinem Heimatort Futok in diesem Jahr wollte ich das gemischte Volleyballturnier auf dem Rasen in Futok mit dem Antrag verbinden, eine Heimattafel für die Futoker Donauschwaben zu errichten. Ich habe gemerkt, dass die Spieler, die eine Generation und mehr jünger sind als ich, keine Ahnung davon haben, dass in ihrem Dorf vor dem Zweiten Weltkrieg Deutsche gelebt haben. Einige wussten es nur von den Lesungen, die ich zu meinem Buch EIN JUNGE AUS DER NACHBARSCHAFT und dem Buch DIALOG AN DER DONAU, Gespräche zwischen einem Deutschen und einem Serben veranstaltet habe. Der Gedanke kam mir, als uns Herr G.P., der Organisator für die KUPUSIJADE, zum alljährlichen Krautfest in Futok eingeladen hatte. Futok ist durch sein Futoker Kraut bekannt geworden, obwohl die alte Sorte, aus Gewinnsucht, durch schwerere Sorten abgelöst wurde und man nun über Institute verzweifelt versucht, den alten Samen aufzutreiben und die alte Sorte wieder anzubauen. Ich weiß, dass ich für dieses Fest keine Futoker in Deutschland motivieren und zu einer Reise bewegen kann, wenn es sich nur um das Krautfest handeln würde. Wenn wir aber als Anlass der Reise die Einweihung einer Heimattafel nennen würden, würde jeder noch in Deutschland lebende Futoker gerne reisen, um dieses seltene Ereignis mitzuerleben. Deshalb formulierte ich einen zweisprachigen, kurzen Text über den Verbleib der Futoker Deutschen und schickte ihn mit einem Anschreiben an Herrn G.P. und schlug vor, die Tafel während des Krautfestes mit uns einzuweihen. Ich fügte noch ein serbisches Schreiben an die Ortsgemeinschaft, serbisch Mesna zajednica (MZ) in Futok bei, mit der Bitte es an den Vorsitzenden der MZ weiterzuleiten. Das Anschreiben verfasste ich in kyrillischer Schrift, weil die offiziellen Stellen in Serbien darauf großen Wert legen. Das Schreiben, aus dem Serbischen übersetzt, hat folgenden Wortlaut:

An die Ortsgemeinschaft Futok

Erlangen, 13.05.2014

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir, als Heimatortsgemeinschaft Futok in Deutschland, sind der Ansicht, dass die Errichtung eines Denkmals, in Form einer Heimattafel mit den Wappen und dem Text, ein Zeugnis des gemeinsamen Lebens in der Gemeinde Futok wäre, in dem die Serben, Deutsche und andere Nationalitäten zusammen lebten. Diese Zeit des Zusammenlebens, so wie auch die Zeit bis heute, war nicht gekennzeichnet durch bedeutende gegenseitige Konflikte, die zu einer Spaltung der Bürger aufgrund ihrer Nationalität geführt hätten.

Dieses Denkmal verletzt weder die nationalen, noch die religiösen, noch sonstige menschliche Gefühle. Die gemeinsame Vergangenheit soll man nicht ignorieren, noch weniger vergessen, in der Zielsetzung, die Bürger verschiedener Nationalitäten anzunähern und das gemeinsame Vertrauen zu stärken. Deshalb unterstützen wir die Errichtung dieses Denkmals, als Zeichen der Erinnerung an die gemeinsame Vergangenheit, und auch die Zeit, die vor uns liegt.

Im Herbst werden es 70 Jahre, seit die Deutschen aus Futok verschwunden sind.

Die Heimattafel würden wir bestellen und zahlen, sobald wir uns über den Text auf der Tafel geeinigt haben. Der Besuch der KUPUSIJADE in Futok am 25. Oktober 2014 bietet uns die Möglichkeit, die Tafel gemeinsam einzuweihen. Ich komme mit einer Mannschaft zum gemischten Volleyballturnier auf dem Rasen am 7. Juni 2014 nach Futok. Bei dieser Gelegenheit können wir nähere Einzelheiten besprechen.

Hochachtungsvoll

Stefan Barth
Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft Futok in Deutschland

Die Tafel sollte im Eingang des Gebäudes der MZ aufgestellt werden. Futok ist inzwischen mit Novi Sad zusammengewachsen und zählt nicht mehr als selbständige Gemeinde. In Serbien muss man für solche Angelegenheiten zur Sicherheit noch einen zweiten oder dritten Partner für den Fall haben, dass ein Partner ausfällt, nicht mitmacht oder abspringt. Deshalb setzte ich mich mit der Partnerstadt von Novi Sad, Dortmund, in Verbindung, stellte der Verwaltung mein Ansinnen vor und fragte, wer in der Stadtverwaltung in Novi Sad für die Partnerschaft zuständig sei. Diesem Sachbearbeiter schickte ich auch einen Brief, stellte mich und meine Arbeiten für Serbien vor und versprach, mich bei ihm zu melden, sobald ich in Serbien bin.

Herr G.P. hat mit mir telefonisch vereinbart, dass wir uns nach dem Volleyballturnier mit einer Abgeordneten auf dem Sportplatz treffen, da er aus organisatorischen Gründen ohnehin anwesend sein würde. Auf dem Turnier wurden wir Drittletzter von 20 Mannschaften und bekamen eine Urkunde für “fair play”. Unsere Mitspielerin Rosi bekam eine Urkunde als älteste Spielerin und ich bekam eine Urkunde als ältester Spieler. Unsere Mannschaft war die älteste auf dem Platz.

Nach dem Turnier kam die Abgeordnete nicht und Herr G.P. musste dringend weg. Ich wollte ihn am nächsten Montag sprechen, doch da musste er auch dringend weg. Jetzt nutzte ich meine Verbindung zum zweiten Partner und rief den Sachbearbeiter für die Städtepartnerschaften an. Er vermittelte mich an Herrn Aleksandar Petrović, den Sekretär des Oberbürgermeisters der Stadt Novi Sad, der mir umgehend einen Termin für ein Gespräch um acht Uhr in der Früh gab. Ich war, trotz des großen Berufsverkehrs, pünktlich. Er empfing mich sehr freundlich und sagte gleich, er hätte sich deutsche Arbeitsangewohnheiten zugelegt. - Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit ist meine Devise, sagte er zu mir. Er ist etwa Anfang Fünfzig und gehört der so genannten Fortschrittspartei (Naprednjaci) an, die sich von Šešelj losgesagt hatte. Unter meinen Freunden in Serbien kursierte das Sprichwort: Der Wolf ändert sein Haar, aber bleibt was er war. Herr Petrović machte den Eindruck, als wollte und könnte er mir helfen. Ich erzählte ihm, was bisher abgelaufen war und zeigte ihm meinen Entwurf für die Tafel. Es war inzwischen die 11. Textversion. Ich erzählte ihm, dass in den früheren Versionen der Satz Im späten Herbst und Winter 1944/45 haben die deutschen Einwohner, teils von selbst, teils wegen ihrer deutschen Volkszugehörigkeit vertrieben, ihren Heimatort für immer verlassen” mit der Begründung abgelehnt wurde, dass man damit die jetzigen Einwohner verdächtigen könnte, die Deutschen vertrieben zu haben. Ich änderte dann den Satz in “von den neuen Machthabern vertrieben”. Das entsprach auch der Wahrheit, gefiel aber wegen des Wortes “vertrieben” auch nicht. Da fiel mir nachts die Begründung ein: “… haben durch den AVNOJ-Beschluss, ihren Heimatort für immer verlassen müssen”. Da war das Wort “vertrieben” weg und die Vertreibung schloss auch diejenigen Deutschen ein, die vor dem Einmarsch der Russen und Partisanen geflohen waren und sich den Vorwurf gefallen lassen mussten, sie wären freiwillig gegangen. Der AVNOJ-Beschluss war bereits vorher, zunächst als “Verfügung von Jajce” auch “Jajce-Erlass” genannt, beschlossen worden. Dieser auch als “Geheimerlass” beschriebene Text wurde angeblich bereits am 21. November 1943 vom AVNOJ unter dem Titel “Über die Aberkennung der Bürgerrechte” verabschiedet. Er hat folgenden Inhalt:

  • Alle in Jugoslawien lebenden Personen deutscher Volkszugehörigkeit verlieren automatisch die jugoslawische Staatsbürgerschaft und alle bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte.
  • Der gesamte bewegliche und unbewegliche Besitz aller Personen deutscher Volkszugehörigkeit gilt als vom Staat beschlagnahmt und geht automatisch in dessen Eigentum über.
  • Personen deutscher Volkszugehörigkeit dürfen weder irgendwelche Rechte beanspruchen oder ausüben, noch Gerichte und Institutionen zu ihrem persönlichen oder rechtlichen Schutz anrufen.

Der AVNOJ-Erlass vom 21. November 1944 hat den “Jajce-Erlass” nochmals bestätigt.

Herr Petrović fand den Text auf der Heimattafel gut. Ich erzählte ihm weiter, dass ich am Vortag in der Ortsgemeinschaft Futok den Text mit der Mitarbeiterin Nela Dobrić besprochen und ihr den vorläufig letzten Entwurf gegeben habe. Ich sagte auch, dass der Vorsitzende der MZ jetzt entscheiden müsse. Er rief sofort bei Frau Dobrić an und erkundigte sich über den Sachstand. Weiter sprachen wir über den Besuch des serbischen Regierungschef Vučić in Deutschland, über meine jetzige Heimatstadt, Medizin und Universitätsstadt Erlangen und über mögliche Investitionen deutscher Firmen in Novi Sad. Ich stellte mir vor, wie lange die Genehmigung eines einfachen Denkmalkreuzes für die Massengräber in den ehemaligen Konzentrationslagern für Deutsche dauert und sah wegen der überbordenden Bürokratie keine guten Voraussetzungen für Investitionen. Das einzige was in Serbien, auch nach Ansicht der Serben, gut funktioniert ist die Bürokratie. Man muss viel Zeit mitbringen und einen langen Atem haben.

Herr Petrović versprach mir innerhalb von zwei Tagen Bescheid zu geben. Ob er auf die Entscheidung der MZ Futok Einfluss nehmen kann, werden wir noch sehen. Jedenfalls hat er mir versichert, dadurch, dass ich die Tafel nicht auf der Fassade des MZ-Gebäudes aufgestellt haben möchte, sondern im Gebäude, verkürzt sich die Bearbeitungszeit um ein Jahr. Das hatte man mir vorher gesagt und deshalb war ich einverstanden, dass die Tafel über der Eingangstür des Treppenhauses, das zu den Räumen der MZ führt, in drei Meter Höhe aufgestellt werde. Wegen der Höhe und Lesbarkeit müssen größere Buchstaben gewählt werden. Deshalb musste ich den Text auf zwei Tafeln verteilen: Den serbischen Text mit Wappen auf eine Tafel und den deutschen Text mit Wappen auf eine zweite Tafel. Mit der Firma Zavrtanik in Novi Sad habe ich einen Entwurf vorbereitet. Nun hat der Vorsitzende der MZ Futok das letzte Wort darüber zu entscheiden.

ГРБОВИ - СТАРИ И НОВИ ФУТОГ

WAPPEN - ALT- UND NEU FUTOK

СПОМЕН ТАБЛА ПОДСЕЋА НА НЕМАЧКЕ СТАНОВНИКЕ ФУТОГА КОЈИ СУ НАСЕЉЕНИ 1743-1780. ЖИВЕЛИ СУ У ДОБРОСУСЕДСКИМ ОДНОСИМА СА СРБИМА. УДРУЖЕНИМ СНАГАМА ИЗГРАДИЛИ СУ ФУТОГ У ЕКОНОМСКИ И КУЛТУРНО ПРОСПЕРИТЕТНУ ОПШТИНУ.

У ПОЗНУ ЈЕСЕН И ЗИМУ 1944/45. НЕМАЧКИ СТАНОВНИЦИ СУ, ОДЛУКОМ АВНОЈ-а, МОРАЛИ ЗАУВЕК НАПУСТИТИ СВОЈ РОДНИ КРАЈ. РАСУТИ ПО ЧИТАВОМ СВЕТУ, НИСУ ЗАБОРАВИЛИ ВОЉЕНИ ЗАВИЧАЈ.

СПОМЕН ТАБЛУ ПОДИГЛИ СУ УЗАЈАМНО СЕ УВАЖАВАЈУЋИ НЕКАДАШЊИ НЕМАЧКИ СТАНОВНИЦИ ФУТОГА ЗАЈЕДНО СА СВОЈИМ ПОТОМЦИМА И СА ДАНАШЊИМ ЊЕГОВИМ СТАНОВНИЦИМА У ЗНАК СЕЋАЊА И МЕЂУСОБНОГ ПОШТОВАЊА.

ФУТОГ, 2014

DIE TAFEL ERINNERT AN DIE DEUTSCHEN BEWOHNER FUTOKS, DIE 1743-1780 ANGESIEDELT WURDEN. SIE LEBTEN IN GUTER NACHBARSCHAFT MIT DEN SERBEN MIT DENEN SIE GEMEINSAM FUTOK ZU EINER WIRTSCHAFTLICH UND KULTURELL BLÜHENDEN GEMEINDE ENTWICKELTEN.

IM SPÄTEN HERBST UND WINTER 1944/45 HABEN DIE DEUTSCHEN EINWOHNER, DURCH DEN AVNOJ-BESCHLUSS, IHREN HEIMATORT FÜR IMMER VERLASSEN MÜSSEN. OBWOHL IN DER GANZEN WELT ZERSTREUT, HABEN SIE IHREN GELIEBTEN HEIMATORT NIE VERGESSEN!

DIESE TAFEL WURDE GEMEINSAM ERRICHTET VON DEN EHEMALIGEN DEUTSCHEN BEWOHNERN FUTOKS MIT IHREN NACHKOMMEN UND DEN HEUTIGEN BEWOHNERN ALS ZEICHEN DER ERINNERUNG UND GEGENSEITIGER ACHTUNG.

FUTOK, 2014

Inzwischen hat die MZ Futok die Heimattafel bewilligt, aber wegen des Aufstellungsortes das ganze Verfahren an die Abteilung für Urbanistik nach Novi Sad weitergereicht. Damit ist es in der Mühle der serbischen Bürokratie gelandet, ohne Hoffnung auf schnelle Entscheidung.

Dieses Verhalten ist auch typisch für Serbien, dass niemand die Verantwortung für etwas übernehmen möchte. Was auf der Tafel steht, ist deutsche und serbische Geschichte. Könnte es sein, dass der Vorsitzende der Ortsgemeinschaft den AVNOJ-Beschluss oder gar die serbische Geschichte nicht kennt? Oder soll die Tatsache, dass in Futok vor dem Zweiten Weltkrieg zwei Drittel der Bevölkerung Deutsche waren weiter im Verborgenem bleiben?

Da besann ich mich auf Herrn Petrović, der mir bei meinem Besuch seine Visitenkarte in die Hand gedrückt hatte, und beschloss ihn um Hilfe zu bitten. Schließlich versprach er wie ein Deutscher zuverlässig zu sein.

Ich schrieb am 2. Juli 2014 eine Email in kyrillischer Schrift an Herrn Petrovic:

Sehr geehrter Herr Petrović,

anlässlich des Besuches des serbischen Premiers Aleksandar Vučić in Deutschland wurde sein Artikel veröffentlicht, in dem er seine Gedanken darlegte und den Wunsch nach einer Zusammenarbeit äußerte. Wie ich informiert bin, wurde dieser Artikel auch in serbischen Zeitungen veröffentlicht. Diese Offenheit hatte ich nicht erwartet. Im Anhang finden Sie den Artikel in beiden Sprachen. Wir sollten die Gelegenheit für eine Zusammenarbeit nutzen. Ich habe den Vorschlag für eine Heimattafel überreicht und jetzt ist die Ortsgemeinschaft am Zuge. Aber wie ich informiert bin, hat die MZ dieses Thema vertagt. Wir brauchen eine rechtzeitige Information, um unsere Landsleute zu informieren und einen Bus für die Reise zu reservieren. Deshalb bitte ich Sie, dass Sie sich der Diskussion anschließen, um eine Lösung zu finden. In den anderen Orten Serbiens funktioniert es, wie z.B. in Maglić (Bulkes), Knićanin (Rudolfsgnad), Syrmisch Mitrowitz, warum sollte es nicht in Futok funktionieren.

Hochachtungsvoll

Stefan Barth

Es kam keine Antwort. Am 18. Juli 2014 schrieb ich erneut eine Email:

Sehr geehrter Herr Petrović,

Anfang Juni war ich bei Ihnen wegen der Heimattafel, die am Eingang der MZ Futok aufgestellt werden sollte. Ich zeigte Ihnen den formulierten Text und Sie haben sich mit dem Text einverstanden erklärt. Sie sagten, jetzt müsse die MZ entscheiden. Aber die Ortsgemeinschaft hat nicht entschieden, sondern sucht die Antwort im Amt für Stadtentwicklung und Amt für Denkmalschutz. Sie hatten mir gesagt, nachdem die Tafel im Gebäude untergebracht werden soll, kann sofort entschieden werden. Wir würden die Tafel ohnehin finanzieren.

Wir bitten Sie zu vermitteln, sonst wird die Entscheidung bis zur KUPUSIJADE nicht getroffen werden. Auch in Dortmund hat man mir geraten, mich an Sie zu wenden. Ich meine, dass diese Entscheidung im Sinne von Premier Aleksandar Vučić wäre, sich durch Zusammenarbeit der EU anzunähern.

Hochachtungsvoll

Stefan Barth
Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft Futok in Deutschland

Auch danach kam keine Antwort. Am 31. August 2014 schrieb ich folgendes Email:

Sehr geehrter Herr Petrović,

ich lese in den serbischen Zeitungen, dass Serbien die Kontakte mit Deutschland intensivieren möchte. Wir bieten Ihnen täglich eine Gelegenheit zur Zusammenarbeit, aber auf der serbischen Seite führt das zu einer sinnlosen Bürokratie, wie jetzt mit unserer Heimattafel. Sie hatten mir im Gespräch versichert, dass es keine Probleme geben wird, wenn die Tafel im Gebäude angebracht wird, wenn es die MZ Futok genehmigt. Sie hat es zwar genehmigt, aber gleichzeitig einen bürokratischen Prozess in Gang gesetzt, bei dem ich kein Ende absehen kann: Die MZ verlangt von den Urbanisten eine Antwort über den Ort für die Anbringung der Tafel. Danach muss die Tafel vom Stadtparlament Novi Sad genehmigt werden. Die tagt erst im September und der Antrag muss erst noch auf die Tagesordnung gesetzt werden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es noch vor der KUPUSIJADE entschieden wird.

Hochachtungsvoll

Stefan Barth

PS: Der letzte Artikel im DNEVNIK IM www.dnevnik.rs/politika/joksimovic-razvijamo-novi-koncept-srpsko-nemackih-odnosa über serbisch-deutsche Beziehungen.

Auch danach kam keine Antwort. Inzwischen war Herr G.P. bei Herrn Petrović und hat dort erfahren, dass auch Herr Petrović meint, der Termin sei nicht zu halten.

Die Donauschwaben werden von den staatlichen Stellen Serbiens unterschätzt, obwohl sie durchaus in der Lage sind, als Türöffner zu deutschen Politikern zu fungieren und zu helfen. In Gemeinden in Serbien, wo eine Zusammenarbeit erstrebt wird, funktioniert es bereits. Aber es ist nicht ungebührlich, wenn man von der serbischen Seite auch eine Gegenleistung erwartet.

Wohin Serbien steuert, ist schwer einzuschätzen. Tatsache ist, dass Serbien ein zentralistischer Staat geworden ist. Gerade die Woiwodina könnte aber mit ihren verschiedenen Bevölkerungsgruppen für eine Annäherung an die EU als Vorbild dienen. Aber die Woiwodina hat keine wirkliche Autonomie mehr. Auch müssten sich die Staaten, die nach dem Zerfall Jugoslawiens entstanden sind, wieder Annähern, miteinander reden und Handel treiben. Nicht zuletzt müsste die Korruption bekämpft werden. Serbien hat zwar ein Freihandelsabkommen mit Russland und der EU, aber die Wirtschaft lahmt trotzdem. Die serbische Ölgesellschaft NIS (Naftna industrija Srbije) hat 51% des Stammkapitals an den russischen Energiekonzern Gazprom veräußert und hat sich dadurch vollkommen abhängig gemacht. Egal welche Regierung die Mehrheit hat, es verfestigt sich der Eindruck, das Land wird im Hintergrund von einer staatlichen Mafia gelenkt, die von dem jetzigen desolaten Zustand profitiert. Mit unseren Projekten haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Bürokratie am besten funktioniert und die Investoren verzweifeln lässt. Deshalb möchte auch niemand in Serbien investieren. Leidtragend ist die Jugend. Die Arbeitslosenquote in Serbien liegt bei fast 30%, die der Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 50%. Die Jugendkriminalität und Schulabbrecherrate steigen. Schlimm dabei ist, dass die jungen Menschen die Hoffnung auf eine bessere Zukunft im Lande aufgegeben haben. Wer eine gute Ausbildung hat, sucht sein Glück im Ausland. Reformen sind dringend nötig. Ohne Reformen im Land können weder die EU noch Deutschland helfen. Aber die Reformen bleiben auch unter Regierungspräsident Vučić Fehlanzeige. Es ist deshalb unverständlich, dass Regierungspräsident Vučić von der EU und Deutschland Hilfe einfordert, wenn er nicht zunächst im eigenen Land die Weichen dafür stellt.

2014-10-10